Haushaltsrede 2023

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

wir erleben eine Zeit der Sorge und Herausforderungen. Nachdem die Corona-Pandemie unseren Alltag stark eingeschränkt und verändert hat, zündet der russische Staatschef Putin einen mörderischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Menschen verlieren ihr Leben, ihr Zuhause und werden einen Winter mit Hunger und Kälte erleben. Neben dem furchtbaren Leid, das die Menschen im Kriegsgebiet erfahren, wurde ein Flüchtlingsstrom sowie eine Energie- und Wirtschaftskrise mit noch nicht endgültig abschätzbaren Folgen ausgelöst und die Inflation so befeuert, dass wir sie in allen Lebensbereichen spüren. Die Bürgerinnen und Bürger zahlen aktuell hohe Preise für Energie und Versorgung. Handwerk und Industrie kämpfen mit Materialkostensteigerungen oder Lieferengpässen. und die Inflation so befeuert, dass wir sie in allen Lebensbereichen spüren.

Zugleich kämpfen wir mit den Auswirkungen der demographischen Entwicklung und dürfen angesichts der Klimakrise nicht nachlassen, den Herausforderungen zu begegnen, um Schlimmeres zu verhindern.

Eine derartige Kumulation von Herausforderungen, die uns ganz unmittelbar betreffen, haben wir wohl seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr in dieser Form erlebt. In Morsbach erleben wir in der aktuellen Situation dennoch einen großen gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität. Viele Menschen in unserer Gemeinde sind unermüdlich im Einsatz, um denen zu helfen, die auf Hilfe angewiesen sind. Dank gilt den Vereinen, Verbänden, Kirchen und Privatpersonen, die sich für das Gemeinwohl der Menschen einsetzen.

Besondere Anerkennung verdienen die Menschen, die beruflich derzeit besonders belastet sind: In den Krankenhäusern, Pflegeheimen und Arztpraxen, den Kindergärten und Schulen, der Kindertagespflege, bei der Polizei, den Rettungsdiensten, der Freiwilligen Feuerwehr. Auf unsere Feuerwehreinheiten Morsbach, Wendershagen, Lichtenberg und Holpe können wir uns verlassen.

Der in diesem Jahr vorgelegte Haushaltsplanentwurf zeigt uns die Folgen der aktuellen Krisen. Mit Buchungstricks werden Beträge in Millionenhöhe aus dem Haushalt isoliert und somit nachfolgenden Generationen aufgebürdet. Der Bürgermeister muss gestehen, so in seiner Haushaltsrede geschehen, es gibt zu viel offene Fragen, deren Beantwortung ihm allein nicht möglich erscheint oder die nur vereinfacht zu beantworten wären.

Unwägbarkeiten und laufend neue Veränderungsnachweise zeigen uns die schwierige Planbarkeit unserer Finanzen.

Mit Unwägbarkeiten hatten wir auch schon in den vergangenen Haushaltsjahren zu kämpfen. Doch so ungewiss wie sich die Prognosen hinsichtlich der Entwicklung der Wirtschaft und damit der Steuererträge oder auch der sozialen Leistungen treffen lassen, war es noch nie.

Angesichts unserer Verantwortung und Solidarität mit den Bürgerinnen und Bürgern versagt es sich, einerseits das Schlimmste anzunehmen und alle negativen Sachverhalte einzukalkulieren und andererseits ebenso ein Vorgehen nach dem Prinzip Hoffnung in der Annahme, alles würde nicht so schlimm kommen.

Der Bürgermeister fragt nun die Bürgerinnen und Bürger sowie uns politischen Verantwortlichen, wo wir bereit sind zu verzichten oder schmerzhafte Entscheidungen zu treffen.

Wer das aktuelle Weltgeschehen mit offenen Augen betrachtet, der hat in den letzten Monaten gelernt, dass die Art und Weise, wie wir bisher zentrale Bereiche unserer Gesellschaft organisieren, zukünftig so nicht mehr fortführbar ist. Es ist offensichtlich, dass viele unserer Denkweisen und Prozesse keine Lösungen für die aktuellen Krisen darstellen, da sie auf Kurzfristigkeit, Beharrungskräfte der Privilegierten und vor allem starker Konkurrenz basieren. Das betrifft u.a. die Energieversorgung, die Klimapolitik aber auch unser Zusammenleben.

Mit großer Sorge betrachten wir eine Zerrissenheit und viele Zukunftsängste in unserer Gesellschaft. Populismus und allgemeines Misstrauen in Politik nehmen zu. Der Ton wird rauer. Viele Menschen wenden sich von der Politik ab. Sie sind enttäuscht, fühlen sich in Entscheidungen oft nicht mitgenommen. Kompromisse werden als Schwäche gewertet.

Der aufgestellte Haushaltsplanentwurf 2023 bildet in der vorgelegten Form demokratisch getroffene Mehrheitsentscheidungen der politischen Gremien unserer Gemeinde ab. Schmerzhaft hat sich die SPD-Fraktion entschieden freiwillige Ausgaben für dieses Jahr auszusetzen.

Der Bereich Tourismus hat Potential in unserer Gemeinde und könnte ein wichtiger Wirtschaftsfaktor werden. Dies geht aus unserer Sicht aber nur in regionaler Zusammenarbeit und benötigt Investoren. Erst nur dann können auch weitere personelle Strukturen in der Verwaltung aufgebaut werden.

Morsbach macht es allein!? Diese Zeitungsüberschrift haben wir häufig gelesen oder gehört. Angefangen vom Breitbandausbau bis hin nun aktuell für die Schaffung von Potentialflächen für Windräder oder Solarparks. Unserer Einschätzung nach übernehmen wir uns an dieser Stelle finanziell und personell erheblich. Beratungs- und Planungskosten werden seit Jahren dafür in Kauf genommen. Diese teuren Konzeptentwicklungen landen dabei allzu häufig in der Schublade oder scheitern. Wir sind gespannt, ob bald die weitere Entwicklung des alten Bahnhofsgelände Früchte trägt oder Klimakonzepte im Bereich Mobilität tatsächliche Verbesserungen bringen.

Nicht mittragen werden wir in diesem Jahr die geplanten und veranschlagten Erhöhungen bei der Grundsteuer B und Gewerbesteuer.
Andere Kommunen in unserer Nachbarschaft haben bewusst Steuererhöhungen ausgesetzt, um Entwicklungen bei den kommenden Belastungen der Menschen und Unternehmen abzuwarten und nicht zusätzlich zu befeuern. Das sollten wir auch tun.

Der Bürgercampus mit Schulzentrum und Schwimmbad sowie der eröffnete Kulturbahnhof werden zukünftig Platz bieten für Gemeinschaft, Lernen und Zukunftsaussichten. Darauf können wir uns freuen und stolz sein. Hier wurde richtig investiert.

Sollte dies mehrheitsfähig sein, werden wir dem Haushaltsplan zustimmen.

An dieser Stelle ist mir wichtig, dass diese Solidarität für uns einen Wert darstellt, der Widersprüche ertragen kann und muss.

Solidarität ist keine Einbahnstraße. Unsere Dorfgemeinschaften oder Vereine haben es längst begriffen. Kompromisse, Zusammenarbeit und Realitätssinn tragen die Zukunft unserer Gesellschaft. Miteinander können wir vieles, nebeneinander können wir manches, gegeneinander zerstören wir vieles. Nehmen wir das zum Vorbild.

Dem Stellenplan der Gemeinde können wir zustimmen. Es ist erkannt worden: Die Verwaltung muss sich einem Generationenwechsel stellen und gerüstet sein um vielfältigeren Erfordernissen, Ansprüchen und Entscheidungen gerecht zu werden.
Die leicht ansteigenden Gebühren bei Wasser und Abwasser sind kaum vermeidbar und vertretbar. Wir konnten durch Besichtigungen und Ortstermine in diesem Jahr einen guten Eindruck gewinnen wie wichtig die Erhaltung und Verbesserung der zum Teil maroden Infrastruktur ist. Lösch- und Brauchwasser müssen sicher und weniger störanfällig vorhanden sein.

Dank gilt an dieser Stelle allen Mitarbeitern in der Verwaltung, dem Bauhof und Werken unserer Gemeinde. Wir wissen um ihre Belastungen durch Personalausfall und Fluktuation. Dies wird sich hoffentlich bessern.

Wir bedanken uns beim Bürgermeister und dem Kämmerer für die Erläuterungen und Beantwortungen unserer Fragen zum Haushaltsplan.

Vielleicht ungewöhnlich, aber dringend notwendig, auch einen Dank an alle Familien, Ehe- und Lebenspartner*innen der politisch agierenden Ratsmitglieder, sachkundigen Bürger*innen und Fraktionsmitgliedern. Sie unterstützen den zeitaufwendigen und immer komplexer werdenden Einsatz für Demokratie und Funktion unserer Gemeinde sehr.

Ich möchte abschließen mit einem Zitat von Willy Brandt :

„Solidarität ist das Bindeglied zwischen Freiheit und Gerechtigkeit, denn nur durch solidarisches Verhalten kann das Streben nach möglichst viel Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft in Einklang gebracht werden.“

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